Vierter Ökokontotag der Flächenagentur Baden-Württemberg

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30.11.2016

Land plant Evaluation der Ökokonto-Verordnung

Über 140 Vertreter von Kommunen, Unternehmen, Behörden und Planungsbüros haben in Ostfildern den 4. Ökokontotag besucht, um über ihre Erfahrungen bei der praktischen Umsetzung der Ökokonto-Verordnung zu diskutieren. Die Verordnung besteht seit fünf Jahren. Sie regelt die Möglichkeit, vorgezogene Maßnahmen bei späteren Eingriffen in Natur und Landschaft – etwa durch die Einrichtung von Rohstoffgewinnungsstätten -  als Kompensationsmaßnahmen anrechnen zu können. Mit Hilfe des Ökokonto können vorgezogen durchgeführte Maßnahmen dokumentiert und verwaltet werden, bis sie einem Eingriff zugeordnet werden.

„Das Ökokonto hat längst eine wichtige Funktion im Naturschutz“, lobte Landesumweltminister Franz Untersteller die Regelung bei der Eröffnung des vierten Ökokontotages der Flächenagentur Baden-Württemberg. Rund 400 Einzelmaßnahmen seien in den letzten fünf Jahren über das Ökokonto gelaufen, berichtete der Minister. Er kündigte an, dass das Land für die laufende Legislaturperiode eine Evaluation ins Auge fasse. „Wir wollen prüfen, ob die Ökokontoverordnung des Landes überarbeitet werden sollte“, sagte Untersteller. Er hoffe, dass es mit Hilfe einer solchen Evaluation auch gelinge, die derzeit noch existierenden verschiedenen Regelungen zu Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in einer einheitlichen Kompensations-Verordnung des Landes zu bündeln. Das würde, so der Minister, Nachprüfbarkeit und Umsetzung der Maßnahmen erleichtern.

Mit zu den Referenten gehörte Anne Schöps, Vorsitzende des Bundesverbandes der Flächenagenturen in Deutschland. Sie warf in ihrem Vortrag einen bundesweiten Blick auf das Ökokonto und zeigte die wesentlichen Qualitätsmerkmale für die Planung von Ökokontomaßnahmen auf.

Wolfgang Kaiser, Leiter des Referates für Biotop- und Artenschutz/Eingriffsregelung im baden-württembergischen Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, gab einen detaillierten Überblick über die aktuellen Rechtsfragen beim Ökokonto in Baden-Württemberg und über die geplante Landeskompensationsverordnung. Ein wichtiger Hinweis für die kommunale Planungspraxis war dabei, dass ein wechselseitiger Austausch von Maßnahmen zwischen dem bauleitplanerischen Ökokonto und dem naturschutzrechtlichen Ökokonto möglich sei. Gemeinden benötigen laut Kaiser nicht zwingend ein eigenes bauplanungsrechtliches Ökokonto, sondern können das naturschutzrechtliche Ökokonto nutzen. Mit Blick auf die geplante Evaluation soll der Input der Ökokonto-Anwender über einen Projektbeirat gewährleistet werden.

Eine bedeutende Rolle bei der fachlichen Prüfung und der Genehmigung der Ökokontomaßnahmen im Land haben die Unteren Naturschutzbehörden der Landratsämter. Wie das in der Praxis funktioniert, erläuterte Peter Dreher aus der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Biberach. Seine Ausführungen brachten zudem zahlreiche fachliche und organisatorische Anregungen zur Evaluation der Ökokonto-Verordnung, z.B. durch das Hinterfragen der Punktebewertung einiger Biotoptypen oder Fragen zu Vertragsregelungen bei der Umsetzung der Maßnahmen.

Michaela Österle vom Bauamt der Gemeinde Oberderdingen und Jochen Paleit, Bürgermeister der Gemeinde Kappel-Grafenhausen, stellten gelungene Ökokontomaßnahmen aus ihren Gemeinden vor und erläuterten den Einsatz von Ökopunkten bei der Baulandausweisung.

Die spezifischen Tierarten nach der Ökokonto-Verordnung und ihre Lebensraumansprüche wurden von Jürgen Trautner von der Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung in Filderstadt vorgestellt. Er meinte, dass für einen Großteil der in der Ökokonto-Verordnung gelisteten Tierarten sehr gute Erfolgsaussichten für die Ansiedlung bestünden, wenn die fachliche Maßnahmenableitung stimme, die Umsetzung der Maßnahmen korrekt erfolge und betreut werde, und nach den Initialmaßnahmen die Erhaltungspflege gesichert ist.

Prof. Dr. Christian Küpfer von der HfWU in Nürtingen rückte die Berücksichtigung von Multifunktionalitäten bei Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ins Licht. Aufgrund des hohen Flächendrucks im Land sei es sinnvoll Kompensationsmaßnahmen auf derselben Fläche mit anderen Funktionen, z.B. für den Hochwasserschutz oder die Erholung, zu kombinieren. Dies tut auch die Firma Holcim, Maßnahmenträger der ersten in Baden-Württemberg im Jahr 2011 genehmigten Ökokontomaßnahme. Sabine Schädle, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit bei der Firma Holcim in Dotternhausen, und Marcus Haas, bei der Flächenagentur Baden-Württemberg für die fachliche Betreuung der Maßnahme zuständig, zeigten, dass Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit gut mit dem Schutz seltener Arten zu vereinbaren sind, wenn das Flächenmanagement stimmt.

Gruppenfoto mit Minister Manfred Untersteller MdL (v.l.n.r.: Peter Dreher (Untere Naturschutzbehörde Landkreis Biberach), Manfred Fehrenbach (Geschäftsführer Flächenagentur Baden-Württemberg GmbH), Thomas Beißwenger (Geschäftsführer Flächenagentur Baden-Württemberg GmbH), Minister Franz Untersteller MdL (Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft), Anne Schöps (Vors. d. Bundesverbandes der Flächenagenturen in Deutschland e.V.), Wolfgang Kaiser (Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft), Bernhard Kübler (Geschäftsführer Flächenagentur Baden-Württemberg GmbH)